(veröffentlicht auf cashkurs.com am 19.05.2015)
„Geiz ist geil“. Spätestens seit eine große Elektronikhandelskette 2002 diesen Werbeslogan einsetzte, hat die deutsche Mentalität des Sparens eine neue Dimension erreicht. Dieser von vielen Bürgern als nicht sehr lustig und originell empfundene Werbespruch führt seitdem dazu, dass viele Konsumenten oft nur noch den Preis der Ware, nicht jedoch dessen Qualität als Kaufkriterium heranziehen.
„Geiz ist geil“. Spätestens seit eine große Elektronikhandelskette 2002 diesen Werbeslogan einsetzte, hat die deutsche Mentalität des Sparens eine neue Dimension erreicht. Dieser von vielen Bürgern als nicht sehr lustig und originell empfundene Werbespruch führt seitdem dazu, dass viele Konsumenten oft nur noch den Preis der Ware, nicht jedoch dessen Qualität als Kaufkriterium heranziehen.
Sich im Laden beraten zu lassen und dann im Internet zu kaufen, wird zunehmend zur Selbstverständlichkeit. Zum Leidwesen vieler Einzelhändler.
Doch wie ist es bei Geldangelegenheiten? Wer lässt sich regelmäßig in seiner Hausbank beraten und legt dann sein Geld doch kostengünstiger und mit höherem Zins bei einer Direktbank an?
Beratung ist eine Dienstleistung, die die meisten Deutschen sowohl vom Textilverkäufer, Apotheker als auch vom Banker erwarten. Doch bezahlen will sie kaum einer. Sowohl der Einzelhandel als auch die Banken werden da umdenken und neue Konzepte entwickeln müssen, um den Filialbetrieb aufrecht erhalten zu können.
Doch gibt es genügend Kunden, die sich zwar über die hohen Gebühren und die Höhe der Überziehungszinsen ihrer Hausbank aufregen, ihr aber immer noch die Treue halten. Warum ist das so?
Menschliche Trägheit
Bevor jemand seinen Strom- oder Gasanbieter – geschweige seine Hausbank – wechselt, muss einiges passieren. Viele Bürger scheuen den angeblich zu hohen Aufwand. Der vermeintliche Preisvorteil erscheint ihnen zu gering. Dabei übersehen sie, dass dieser einmalige Aufwand ihnen eine jahrelange und regelmäßige Rendite bringt. 10,- EUR ersparte Kontoführungsgebühr pro Monat sind immerhin im Jahr 120,- EUR. Und das Jahr für Jahr.
Der gute Kaffee und der nette Plausch
Die Damen und Herren in der Bank sind immer so nett und so bemüht. Ein Argument, welches gerne von älteren Kunden herangezogen wird. Jahrelang war ich selber in einer Bank als Bereichsleiter für den Vertrieb zuständig. Höflichkeit sollte eine Tugend aller Menschen und damit eine Selbstverständlichkeit sein. Doch in der zunehmenden Servicewüste Deutschland freuen sich gerade ältere Kunden über ein paar nette Worte. Doch gerade diese Generation ist es, bei denen Banken und Versicherungen ihre teils hochkomplexen und kostenintensiven Produkte recht leicht platzieren können. Bei den jüngeren Kunden wächst die Zahl derer, die sich zunehmend selbst um ihre Finanzen kümmern wollen und sich die dafür notwendigen Informationen im Internet besorgen.
Geld ist doch so kompliziert
Für viele Kunden sind die Themen Geld und Finanzen hochkomplex und zu abstrakt. Sich finanzielle Ziele zu setzen und in langfristigen Zahlungsströmen und Strategien zu denken, fällt vielen schwer. Die Unverlässlichkeit der Politik im Bereich Arbeit, Steuern und Familie, die sehr dynamischen Lebensläufe vieler Arbeitnehmer, die kaum eine langfristige Finanzplanung zulassen, aber auch die Entwicklung an den Börsen, die selbst Profis kaum noch verstehen, sind Gründe, weshalb viele Anleger es meiden, sich eigenverantwortlich mit ihren Finanzen zu beschäftigen.
Fehlendes Zahlenverständnis
Die Mathelehrerin verkündet die Ergebnisse der letzten Matheklausur. „ 65% von euch haben eine 3 geschrieben.“ Ein Schüler meldet sich entrüstet: „So ein Quatsch! So viele sind wir doch gar nicht!“.
Sie lachen?
Hier ein Fall aus meiner Praxis.
Ein Kunde erkundigte sich über die Höhe meines Honorars für eine Depoteröffnung und Erstberatung. Er wusste, dass er bei mir im Gegenzug keine Ausgabeaufschläge zahlt und Kickbacks wie Bestandsprovisionen ausgezahlt werden. Meine Kalkulation ergab für das erste Jahr ein Gesamthonorar von 950,- EUR. Offenbar zu hoch für den Interessenten, der dankend ablehnte und meinte, er gehe dann doch lieber zur Hausbank. Da wäre die Beratung und Betreuung schließlich kostenlos. Auf die dann aber zu zahlenden Ausgabeaufschläge angesprochen, antwortete er: „ Das sind ja nur 5%“.
Übrigens: Der Kunde wollte 30.000 EUR langfristig in Fonds anlegen. 5% (also 1.500 EUR) Ausgabeaufschlag waren für ihn weniger als 950 EUR. Zumindest optisch stimmt das ja auch.
Das ist auch der Grund, weshalb sich Banken und Versicherung scheuen, Kosten offen in Euro und Cent auszuweisen. Sie vertrauen auf das Phänomen der kleinen Zahl.
Depotangebote – Wie vergleichen?
Das Angebot an Depots ist sehr vielfältig. Neben reinen Direktbanken bieten auch Filialbanken Onlinedepot zu reduzierten Kosten an. Ein direkter Vergleich ist jedoch schwierig.
Intransparenter Kostendschungel: Stückkosten, Prozentsätze und Pauschalen
Depotkosten setzen sich aus der Depotgebühr (Depotverwahrungs- und –verwaltungskosten), den eigene und fremden Transaktionskosten bzw. Ausgabeaufschlägen, Provisionen, der Limitgebühr, Kontoführungsgebühr und ggf. den Kosten für die Erstellung und den Versand von Depotauszügen, Jahresmitteilungen, Steuerbescheinigungen und Erträgnisaufstellungen zusammen. Mindest- und Maximalkosten verkomplizieren zusätzlich den Vergleich.
Versteckte Kosten
Neben den mehr oder weniger transparenten Kosten, werden auch (speziell bei Fonds und Zertifikaten) versteckte Kosten in Form von Kickbacks berechnet. Die meisten Fondsdiscounter finanzieren dadurch ihre für den Anleger angeblich kostenlosen Depotangebote.
Kickbacks haben für Banken und Vermittler den Vorteil, dass der Kunde diese Kosten nicht direkt sieht. Bestandspflegeprovisionen als Teil der Fondsverwaltungsvergütung werden täglich in den Fondspreis eingerechnet und i.d.R. quartalsweise an die Bank bzw. Vermittler ausgezahlt. So verdient die Bank jährlich an dem Mischfonds Flossbach von Storch bis zu 0,6%, am Carmignac Patrimoine schon 0,75%, am BGF World Gold gar bis zu 1,0%. Und das Jahr für Jahr, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen.
Für den Kunden mit einem Depotvolumen von 100.000 EUR ist es mental aber ein Unterschied, ob er dem Depotanbieter jedes Jahr direkt 500,- EUR oder indirekt 0,5% über die Bestandspflegeprovision zahlt. Was der Kunde nicht sofort sieht, gibt es nicht. Es fällt vielen Kunden leichter, etwas unbemerkt abgezogen zu bekommen, als es direkt bezahlen zu müssen.
Wie soll man Depotangebote vergleichen?
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Kostenstrukturen der Depotanbieter muss man einen Depotvergleich wie den Vergleich von Handytarifen betrachten und ein eigenes Nutzungsprofil erstellen.
Welche Wertpapiere wollen Sie handeln und verwahren? Sind Sie ein Trader oder eher ein Anhänger der Buy and Hold-Strategie? Wie groß ist das Anlagevolumen? Wollen Sie regelmäßig sparen? Handeln Sie selbständig oder benötigen Sie Beratung?
Depots für den reinen Fondsanleger
Hier sind Sie sicherlich bei reinen Fondsdiscountern gut aufgehoben. Fondsdiscounter sind Unternehmen, die mit Direktbanken wie z.B. der DAB, comdirekt, Augsburger Aktienbank, Consorsbank oder Fondsplattformen wie der FFB, ebase oder FDB u.s.w. individuelle Vertriebs- und Konditionsvereinbarungen ausgehandelt haben, die Ihnen als Direktkunde bei diesen Anbietern oft gar nicht zugänglich sind. Meist sind die Depots und der Fondshandel auf dem ersten Blick kostenlos. Bestandspflegeprovisionen sind Kosten, die jeder Kunde indirekt über einen Renditeverzicht bezahlt. Sie werden von den Banken und Vermittler vereinnahmt und i.d.R. nicht an den Kunden ausgezahlt.
Einige Berater bieten jedoch auch Depots mit Honorarkonditionen an. Hier zahlt der selbständig agierende Anleger eine jährliche Fee auf den Depotbestand. Im Gegenzug werden keine Ausgabeaufschläge und Transaktionskosten fällig und die Kickbacks werden dem Kunden komplett gutgeschrieben. Auch institutionelle Fondstranchen und kostengünstige ETF´s können hier erworben werden.
Das kann sich rechnen. Auf Wunsch können Anleger gegen ein zusätzliches Honorar Beratungsleistungen in Anspruch nehmen.
Achten Sie darauf, dass das rabattierte Fondsangebot sehr umfangreich ist. Gute Anbieter verzichten bei fast allen in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Fonds auf den Ausgabeaufschlag. Einige Fondsgesellschaften wie die Deka (Sparkassenverbund) und Union-Investment (Volks- und Raiffeisenbank) verweigern jedoch die 100%ige Rabattierung ihrer Fonds über Drittvermittler.
Depots für den reinen Aktientrader
Der Vergleich ist hier leichter, da bei einem reinen Aktienhandel keine Kickback-Zahlungen fließen.
Hier kommt es ausschließlich auf die Höhe der Depotgebühren und Transaktionskosten an. Interessierte Anleger finden im Internet dazu ausreichend Portale, die Konditionsvergleiche anbieten.
Doch auch hier kann es – gerade für Trader – sinnvoll sein, sich nach All-in.Fee-Modellen umzusehen.
Zusammenfassung
Ein Depotkostenvergleich kann sich lohnen. Auch wenn der Vergleich nicht immer einfach ist.
Kostenlose Depots gibt es nicht. Irgendwie muss sich jede Depotbank ja finanzieren. Wie viel Transparenz jeder Anleger haben möchte und verträgt, hängt von der persönlichen Einstellung zu Kosten ab. Es gibt immer noch Handynutzer, die glauben, dass Sie ihr Handy oder gar Smartphone vom Netzanbieter beim Vertragsabschluss geschenkt bekommen haben.
Wie auch beim Wechsel des Strom-, Gas- oder Telefonanbieters sollte ein Bankwechsel gut durchdacht und vorbereitet werden. Depotüberträge zu einer neuen Bank müssen in Deutschland von allen Banken kostenlos angeboten werden. Auch Anleger, die steuerliche Altbestände (Kauf vor 2009) besitzen, müssen keine Angst haben, diesen Vorteil (steuerfreie Kursgewinne) bei einem Depotübertrag zu verlieren. Bei Depotüberträgen muss die abgebende Bank die steuerlichen Anschaffungsdaten an die übernehmende Bank übermitteln. Sicherheitshalber sollten sie Ihre neue Depotbank jedoch nach Einbuchung der Wertpapiere um eine Bestätigung bitten.
Beachtet werden muss auch, dass während des Depotübertrages Wertpapierverkäufe nicht durchgeführt werden können.
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