(veröffentlicht auf cashkurs.com am 13.09.2018)
Nachdem in den letzten Jahren immer mehr Anlegergelder in ETFs geflossen sind, nimmt die Kritik in letzter Zeit zu. Andreas Borsch geht der Frage auf den Grund, ob diese Kritik berechtigt oder nur bestimmten Interessen geschuldet ist.
Jede Statistik hat ihre Tücken!
565 Milliarden Euro sprechen eigentlich für sich: So viel Anlegergeld steckte im Juli 2018 in börsengehandelten Indexfonds, auch ETFs (Exchange Traded Funds) genannt, die über die europäische Wertpapierbörse Xetra gehandelt wurden. Weltweit sollen es Ende 2017 gar 3,9 Billionen Euro gewesen sein. Indexfonds haben Charme: Sie sind einfach und günstig und kommen ohne teuren Fondsmanager aus. Denn sie bilden einen bestehenden Index einfach nach.
Mit dem Aufstieg von ETF´s nimmt auch die Kritik an diesem Produkt zu. Ist diese berechtigt oder nur geschürt von Managern aktiver Fonds, die Ihre Daseinsberechtigung schwinden sehen?
Ich möchte versuchen, in den nächsten Artikeln auf einige Kritikpunkte einzugehen.
Ist passives Management besser als aktives?
Mit Statistiken habe ich immer so meine Probleme. Laut einer Studie von SPIVA Europe Scorecard von S&P Dow Jones Indices sollen je nach Region und Betrachtungszeitraum (1 – 10 Jahre) 46 – 99% der aktiv gemanagten Fonds in der Vergangenheit von ihrer Benchmark geschlagen worden sein. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto höher die Wahrscheinlichkeit.
Wie belastbar solche Studien sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch es stellen sich mir einige Fragen: Wie wurde mit den aktiv gemanagten Fonds verfahren, die sich keiner Benchmark unterwerfen? Wie bewertete man die Fonds, die sich aufgrund ihrer Struktur und Anlagefokussierung nicht eindeutig einer Benchmark zuordnen lassen?
Wie schwer das ist, zeigt alleine die Betrachtung des von Dirk Müller gemanagten Dirk Müller Premium Aktien Fonds. In diversen Fondslisten wird dieser Fonds unter der Kategorie Aktien International geführt und als Benchmark dem MSCI World gegenübergestellt.
Unter Investmentstrategie liest man jedoch „Der Fonds investiert in weltweit tätige Unternehmen mit den Schwerpunkten USA und Europa“. Zudem besitzt er einen ganz eigenen, individuellen Managementansatz. Darf dieser Fonds damit überhaupt in solch eine Statistik aufgenommen werden? Speziell Fonds mit einer globalen Grundausrichtung und hoher Anlageflexibilität haben da so ihre Probleme.
Zudem wissen wir, dass der MSCI World zu über 50% den amerikanischen Aktienmarkt beinhaltet. Also einem Schwergewicht, das in den letzten 10 Jahren nur eine Richtung kannte – nach oben.
Mein Resümee:
In dieser Statistik dürften nur die aktiv gemanagten Fonds aufgenommen werden, die sehr stark am Vergleichsindex orientiert investieren. Doch dann – gebe ich offen zu – kann man wirklich gleich zu einem entsprechenden ETF greifen.
Im Übrigen…
Vom Grundsatz her werden 100% der ETF von ihrer Benchmark geschlagen, da alleine die – wenn auch sehr geringen - Kosten schon zu einer Underperformance führen.
Die Sache mit den Kosten
Als unschlagbares Argument pro ETF werden gerne die im Vergleich sehr geringen Kosten eines ETF hervorgehoben. Doch werden hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen? Werden hier die Brutto- und Nettoperformance in einen Topf geworfen?
Ein großer Teil der Unterperformance aktiv gemanagter Fonds resultiert aus der offenen und versteckten Vertriebsprovision, die an die Bank oder den Vermittler fließen. Bis zu 5,25% Ausgabeaufschlag bei Kauf und zusätzlich 0,6-0,9% Bestandspflegeprovisionen, die pro Jahr an den Vertrieb fließen, verhageln die Performance nicht unerheblich.
Würde man diese reinen Vertriebskosten herausrechnen oder zum Vergleich nicht nur die Publikumsfonds, sondern auch die vorhandenen institutionellen Tranchen hinzuziehen, ergäbe die Statistik ein anderes Ergebnis. Man müsste also die Beratungs- und Vertriebskosten herausrechnen, um zu einem fairen Vergleich zu kommen.
Aber auch die Depotgebühren und Transaktienkosten, die bei einem ETF-Kauf über die Börse anfallen, werden gerne vernachlässigt. Speziell bei Kleinsparern bzw. -anlegern spielen diese eine nicht unbedeutende Rolle. Hier ist es wichtig, die passende Bank zu finden. Zudem ist nicht jeder ETF sparplanfähig, was die ETF-Auswahl für Sparer stark einschränkt.
Fazit
Alleine die Statistik und die Kostenbetrachtung sind für mich kein ausreichendes Argument für ETFs und gegen aktiv gemanagte Fonds. Sollte dennoch die Statistik so stimmen und durchschnittlich immer noch 70% der aktiv gemanagten Fonds von ihrer Benchmarkt geschlagen werden, haben im Gegenzug ja immerhin 30% der Fonds dieses Kunstwerk geschafft. Und das nachhaltig.
Ergebnis: ETF gegen aktiv gemanagte Fonds 1:1
Ein Wort in eigener Sache
Um hier Grundsatzkritikern die Argumente zu nehmen sei darauf hingewiesen, dass für mich als Honorarberater Vertriebsprovisionen keine Rolle spielen, um irgendein Finanzprodukt in den Vordergrund zu stellen. Allein die Qualität sowie die Geeignetheit für den Mandanten zählen. Für sie fallen keinerlei Vertriebsvergütungen (Ausgabeaufschläge) an. Zudem werden die von den Fondsgesellschaften ausgezahlten Kickbacks (Bestandspflegeprovisionen) zu 100% direkt auf den Kundenkonten gutgeschrieben. Auch institutionelle Tranchen stehen zur Verfügung.
Vorschau Teil 2: ETF – physisch oder SWAP? Wenn sich die Geister scheiden…
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