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Provisionsverbot - KPMG spielt als Top-Lobbyist den Banken wieder einmal in die Hände

Auf der Zielgeraden der Koalitionsgespräche Ende 2021 tauchte zwischen den Verhandlungspartnern ein Thema von ungeahnter Sprengkraft auf: Es geht um das trocken daherkommende Thema der Provisionsberatung, das es aber in sich hat!


Wenn sich hier etwas ändert, trifft es alle Kunden von Banken und Versicherern, und es trifft natürlich auch die Unternehmen selbst.

Ein Frankfurter Banker sprach in diesem Zusammenhang bereits von der „Stunde null“ für die Finanzberater. Sie dürfen möglicherweise keine Provisionen mehr kassieren, wenn sie Kunden beraten, und müssen stattdessen wie etwa Anwälte und Steuerberater feste Gebühren oder Honorare vereinbaren. Für die Kunden hätte das eine völlig neue Preisgestaltung bedeutet. Einige Finanzdienstleistungen würden dadurch billiger, andere dafür erheblich teurer.“ So Oliver Stock im Online Focus am 25.11.2021.


„Eine Revolution im Finanzdienstleistungsbereich bahnt sich an!“


So dachte ich zumindest bis zur Regierungsbildung. Doch die Realität holte mich sehr schnell wieder ein.

Als Exbanker biete ich seit über 18 Jahren Finanzberatung auf Honorarbasis an. Und es funktioniert - sogar im vergleichsweise „armen“ Flächenland Mecklenburg-Vorpommern! Honorarberatung heißt für mich produktunabhängige Beratung, Hilfe zur Selbsthilfe, Finanzbildung und absolute Kostentransparenz. Letztendlich genau das, was Anleger erwarten und Verbraucherschützer fordern.


Die Bankenlobby scheint viel, viel bessere Arbeit zu leisten als die Regierung und die Juristen zusammengenommen


"Die Beratung über Investmentfonds durch die Bank, wird in der Regel über Provisionen finanziert. Politiker und Verbraucherschützer fordern ein Verbot. Stattdessen solle die Beratung gegen Honorar stattfinden.“ titelte das Handelsblatt am 26.11.2021.

Wenn Kunden heute zu ihrer Bank gehen und etwa Investmentfonds kaufen, wird die Beratung in alle Regel durch Provisionen finanziert, die die Banken von den Produktanbietern erhalten. Das setzt die Berater dem Verdacht aus, dass sie nicht das für den Kunden beste Produkt empfehlen, sondern jenes, das die meisten Provisionen bringt. Einige Politiker und Verbraucherschützer fordern deshalb (seit Jahren), Provisionen zu verbieten und stattdessen eine Beratung gegen Honorar zu etablieren. Auf die Agenda der neuen Regierung scheint es das Vorhaben entgegen ersten Erwartungen nicht geschafft zu haben.“schrieb der Autor Christian Kirchner. *1

Der Wunsch nach einem Provisionsverbot hat eine lange Historie. Insbesondere nach der Finanzkrise 2008/09 wurde die Forderung lauter, allen voran, weil viele Anleger in der Krise mit zuvor massenhaft vertriebenen Zertifikaten heftige Verluste erlitten – und bei ihrer Entscheidung nicht sachgerecht beraten worden waren.


Warum stand das Provisionsverbot plötzlich wieder auf der Agenda?


Lange Zeit bürgte die Regierungsbeteiligung der CDU/CSU, die der Finanzwirtschaft traditionell eng verbunden ist, für das Provisionsmodell. Im Zuge der Ampel-Verhandlungen gerieten die Dinge nun allerdings in Bewegung. Zwar hatten von den drei beteiligten Parteien nur die Grünen das Provisionsverbot konkret in ihr Parteiprogramm aufgenommen („Wir wollen weg von der Provisionsberatung und schrittweise zu einer unabhängigen Honorarberatung übergehen. Dafür schaffen wir eine gesetzliche Honorarordnung, die Finanzberater*innen stärkt und unabhängiger macht.“).

Doch dann wurde plötzlich aus den Ampel-Verhandlungen ein Papier der „Arbeitsgruppe Finanzen“ öffentlich, dass sich so las, als könnten sich die Grünen mit ihren Anliegen tatsächlich gegen SPD und FDP durchzusetzen. Die Revolution schien nahe.


„Warum hätte die Banken ein Provisionsverbot gerade jetzt brutal getroffen?“


Weil das Wertpapiergeschäft in der Niedrigzinsära kein Zubrot mehr ist, sondern von existenzieller Bedeutung. Im Falle eines Provisionsverbots hätten Banken und Sparkasse ihr Geschäftsmodell umkrempeln, Vertriebspartnerschaften neu ausrichten, Mitarbeiter neu schulen und die Beratung bepreisen müssen. Das alles hätte enorme Investitionen erfordert – bei einer völlig unklaren Perspektive, ob die Kunden das Modell überhaupt angenommen hätten.“ schlussfolgerte Christian Kirchner. *1


Dem kann ich nur bedingt zustimmen!


Als ehemaliger Bereichsleiter einer Bank war ich für den Vertrieb von Geldanlagen zuständig und habe meine Mitarbeiter entsprechend den Ziel- und Produktvorgaben des Vorstandes geschult. Mir muss daher keiner erklären, wie Vertrieb in den Banken und Finanzvertrieben funktioniert.

In jedem Gewerbe wird vom Kunden ausschließlich die Hauptdienstleistung bezahlt. Der finanzielle Erfolg des Unternehmens ist allein von dieser Hauptdienstleistung abhängig.

Wenn ein Finanzberater/Banker nur dann etwas verdient, wenn er dem Kunden etwas verkauft, dann ist der Verkauf die Hauptdienstleistung - die Beratung, die der Kunde eigentlich von einem Berater wünscht, hingegen „nur“ die zwar deutlich aufwendigere, jedoch kostenlose Nebendienstleistung!

Honorarberatung verfolgt eine ganz andere Philosophie als die bisher etablierte provisionsbasierte Beratung!

  • sie sollte stets ganzheitlich erfolgen

  • alleine die Kundenziele stehen um Focus aller Bemühungen

  • sie bietet Hilfe zur Selbsthilfe an, denn Prävention und Verhaltensänderung sind oft nützlicher als Produktlösungen. Nicht jedes Finanzproblem lässt sich ausschließlich durch ein Produkt effizient lösen!

  • Bei einer Produktlösung darf es für den Berater keinerlei finanzielle Anreize durch den Produktanbieter geben (Provisionsverbot)


Doch dann kam KPMG


(Lobbypedia)

Die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) ist Mitglied eines Netzwerks unabhängiger Firmen, die weltweit Dienstleistungen in den Bereichen Audit, Tax, Consulting und Deal Advisory erbringen. Die Mitglieder sind der schweizerischen KPMG International Cooperative (KPMG International) angeschlossen. Sie haben ihren Sitz in 154 Ländern und insgesamt 197.263 Beschäftigte. KPMG selbst verfügt über 27 Zweigniederlassungen und ist an weiteren Gesellschaften beteiligt.

Zu der Beratungstätigkeit gehört auch die Steuervermeidung. Gleichzeitig berät KPMG-Gruppe neben anderen großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die EU-Kommission bei der Erarbeitung von Plänen gegen die Steuervermeidung.

Oha!

Wieder ein Diener zweier Herren. Aber dieses Mal völlig neutral. Ehrlich!


1500 Lobbyisten für 41 Politiker


Ihre Macht ist unzweifelhaft groß, Verschwörungstheoretiker halten sie sogar für die heimliche Weltregierung: die Finanzlobby. Doch wie einflussreich sind die Strippenzieher von Banken und Versicherern denn nun tatsächlich?

Der Verein des früheren Grünenfinanzexperten Gerhard Schick untermauert seine These mit Zahlen: So beschäftige die Finanzindustrie in Deutschland mehr als 1500 Mitarbeiter und gebe jährlich mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr für Lobbyarbeit aus. Im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags dagegen säßen gerade einmal 41 Abgeordnete. Rein rechnerisch ergibt das ein Verhältnis von 36 zu eins. »Im Sport wäre so ein Resultat undenkbar, für die Gesellschaft ist die Übermacht der Lobbyisten ein Skandal«, sagt Schick.

Insgesamt zählt die Studie mehr als 295 verschiedene Organisationen zur erweiterten Finanzlobby, die in den vergangenen Jahren deutsche Politiker umgarnten. »Vertreter der Zivilgesellschaft können da nicht mithalten«, klagt Schick. So kommt die Studie auf gerade einmal 79 NGOs, Kirchen, Gewerkschaften und Verbraucherorganisationen.

Die Folgen des Ungleichgewichts machten sich vor allem dann bemerkbar, wenn Gesetze auf den Weg gebracht werden und Einflussnahme besonders wichtig sei. So stünden 335 Stellungnahmen von Verbänden und Unternehmen zu Referentenentwürfen aus dem Finanzministerium nur 41 von Vertretern zivilgesellschaftlicher Lobbygruppen gegenüber – ein ziemlich deutliches acht zu eins also.

Bei der Konsultation zur Gesetzgebung über Honoraranlagenvermittler etwa habe das Verhältnis sogar 18:1 betragen, bei der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II sogar 20:1. „Bei den wichtigsten Gesetzentwürfen im Finanzmarktbereich gibt es eine gefährliche Schieflage zwischen Industrie und Zivilgesellschaft“, so Schick. *2


KPMG – der Primus unter den Bankenlobbyisten


Als Teil ihrer Lobby-Kampagne hatte die Deutsche Kreditwirtschaft inmitten der Koalitionsverhandlungen eine von KPMG mundgerecht verfasste Studie präsentiert, die zu folgender Aussage kam (und mutmaßlich auch kommen sollte). Für eine Honorarberatung seien im Schnitt pro Stunde 180 Euro fällig. Ihre Vorteile ausspielen könne diese Beratungsform somit erst ab einer Anlagesumme von 25.000 Euro. Denn: Darunter zehrten die Beratungskosten zu sehr am Vermögen. Der Median des Finanzvermögens deutscher Haushalte betrage aber nun mal nur 16.900 Euro. Die Schlussfolgerung: Für die Mehrzahl der Haushalte würde sich das Honorarmodell nicht rechnen.“ *1

Sie können die Studie unter diesem Link direkt bei der KPMG finden: https://home.kpmg/de/de/home/themen/2021/11/auf-provisionsberatung-verzichten.html

*1 „Warum das Provisionsverbot einem Banken-Crash gleichgekommen wäre“ (finanz-szene.de von Christian Kirchner 25.11.2021)

*2 „Untersuchung zur Finanzbranche - 1500 Lobbyisten für 41 Politiker“ (Spiegel Wirtschaft von Tim Bartz 09.12.2020)

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