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AutorenbildAndreas Borsch

Finanz-1x1: Wie finde ich die richtige Beratung?

(veröffentlicht auf cashkurs.com am 29.06.2017)


Leserfrage von Martin R aus Schwerin (gekürzt) „Was halten Sie grundsätzlich von Finanzvermittlungen durch Finanzvertriebe? Ich fühlte mich bei der Versicherungsberatung bisher gut aufgehoben. Nun bin ich mir nicht mehr 100% sicher, wessen Interessen sie vertritt. …“


Was ist Beratung? Was ist Verkauf?

Die meisten Kunden erwarten von Ihrem Bank- bzw. Finanzberater eine Beratung. In den seltensten Fällen nur die Vermittlung eines konkreten Finanzproduktes. Denn dafür gibt es gute und preiswerte Internetangebote. Ein Kundenproblem kann nicht immer nur durch ein Finanzprodukt gelöst werden. Finanzielle Bildung, Hilfe zur Selbsthilfe, das Aufdecken von falschen Verhaltensmustern und Ansichten, aber auch das Abraten von einer geplanten finanziellen Entscheidung sind Beratungsdienstleistungen, die vom Kunden nicht immer als geldwerte Dienstleistung empfunden wird.


Wovon lebt der Berater?

Bei der klassischen Beratung sind es die Margen im Zinsbereich und die Provisionen im Produktvertrieb. Kein Verkauf – keine Einkünfte. Egal, wie qualifiziert der Berater ist und wie gut oder schlecht er berät. Vergütet wird ausschließlich die Vertriebsleistung. Für eine gute Beratung allein, erhält der Banker oder Finanzberater vom Kunden bisher keinen Cent.


Der Berater - Diener zweier Herren

In der provisionsbasierten Beratung sind die Mitarbeiter der Banken, Versicherungen und Finanzvertriebe „Diener zweier Herren“. Sie müssen den stetig steigenden gesetzlichen Anforderungen nach anleger- und anlagegerechter Beratung, den Aufklärungs- und Dokumentationspflichten nachkommen, aber auch den Vertriebsvorgaben des Arbeitgebers. Denn am Ende zählt nur das Vertriebsergebnis, wenn es um die Karrierechancen und die Fortführung des Arbeitsverhältnisses geht.

Bei selbständigen Beratern der AWD, DVAG, MLP, Telis, Plansecure, Apofinanz … aber auch bei Handelsvertretern der Banken, Versicherungen und Bausparkassen hängt vom Vertriebsergebnis das eigene finanzielle Überleben ab. Der „Berater“ befindet sich also permanent in einem Interessenskonflikt, der in diesem System nicht wirklich gelöst werden kann. Reine Beratung ohne Vertriebsinteressen können Sie hier nicht erwarten.


Mein Tipp

Fragen Sie den Berater, wovon er lebt. Denn das ist seine Hauptdienstleistung. Lebt er vom Verkauf von Produkten (egal welcher Art), dann ist er in erster Linie ein Verkäufer und bietet die Beratung nur als Nebendienstleistung an. Da Zeit immer Geld bedeutet, muss der Verkäufer - allein aus kaufmännischer Sicht - bestrebt sein, die Beratungszeit zu minimieren bzw. in Einklang mit den von ihm erhofften Provisionen aus dem Produktverkauf zu bringen.


Zusammenfassung

Allein die Art der Vergütung (Provision oder Honorar), der Name der Bank oder der Vertriebsorganisation lässt keine Aussage über die Qualität einer Beratung zu. In allen Systemen finden Sie gute und schlechte Berater. Maßgeblich ist immer die Person, die Ihnen gegenübersitzt, deren Qualifikation, Charakter und Einstellung zum Job. Jeder Kunde, der den Rat eines Finanzdienstleisters sucht, sollte jedoch wissen, wie viel er wann an wen für welche Dienstleistung zu zahlen hat – bevor er einen Vertrag unterschreibt. Das klingt logisch und einfach. Ist es in der Praxis aber nicht.


Unabhängigkeit wird neu definiert

Nach der neuen Mifid-Richtlinie, die ab 2018 gelten sollen, darf sich nur noch der Berater als unabhängig bezeichnen, der keinerlei Provisionen von Produktanbietern annimmt. Das wäre das Aus für das „Gütelabel“ vieler Banken und Finanzvertriebe, die bisher mit dem Slogan „Unabhängige Beratung“ geworben haben. Ob das der erhoffte Durchbruch für die Honorarberatung sein wird, bei der der Kunde die Beratung bezahlt - die Produkte jedoch provisionsfrei erhält – können nur die Verbraucher entscheiden.


Transparenz ist alles

Jede Dienstleistung – egal ob Beratung, Service oder Verkauf - kostet Geld. Wie dieses Geld zum Dienstleister kommt – ob als Provision oder als Honorar – ist m.E. völlig egal. Wichtig ist nur, dass der Verbraucher vor dem Vertragsabschluss weiß, wann er wie viel Geld an wen für welche Dienstleistung direkt (über eine Abschlussprovision oder Honorar) oder indirekt (über Kickbacks und Retrozessionen) zu zahlen hat. Und das in Euro und Cent. Das nennt man Transparenz. Nur so kann der Verbraucher mögliche Interessenkonflikte erkennen.


Wie erkennen Sie einen guten Berater?

Einen guten Berater:

  • nimmt sich Zeit und drängt nicht zum Vertragsabschluss

  • berücksichtigt alle vorhandenen Vermögenswerte, Ihre Einnahmen und Ausgaben sowie Ihre persönlichen Präferenzen.

  • erarbeitet mit Ihnen individuelle Ziele, die Ihrer Leistungsfähigkeit und Lebensphilosophie entsprechen.

  • begründet und erklärt Ihnen die (Produkt-) Lösungsmöglichkeiten und Alternativen.

  • kommuniziert über Kosten und legt Sie ihnen in Euro und Cent offen.

  • dokumentiert das Gespräch.


Wenn Ihr bisheriger Berater diese Anforderungen erfüllt, Sie sich wohl und gut aufgehoben fühlen, dann spricht absolut nichts dagegen, sich weiterhin von ihm beraten zu lassen.


„Vertrauen ist der Anfang von Allem“ titelte einmal eine große deutsche Bank.


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