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Bausparvertrag – des Kunden Liebling

(veröffentlicht auf cashkurs.com am 16.12.2014)


Der Verkauf von Bausparverträgen (BSV) brummt. 6000 werden pro Tag abgeschlossen. Dabei ist kaum eine Sparform für den Laien so schwer zu durchschauen wie diese.


Wie passt das zusammen?

Betongold ist bei der Geldanlage momentan der Renner. Dass unter den kritischen Anlegern ausgerechnet ein Produkt floriert, bei dem Anbieter bis heute weder für Spar- noch für Darlehenszinsen effektive Zinssätze ausweisen müssen, entbehrt in einem Land von meist notorisch misstrauischen Anlegern nicht einer gewissen Komik.


Für die Popularität des Bausparens gibt es vor allem drei Gründe.

1. Die Bausparerei ist so etwas wie die Nivea-Creme unter den Anlageformen. Keiner weiß

genau, was drin ist, aber geschadet hat sie bislang kaum jemandem.

2. Das Umfeld verunsicherter und von Verlustängsten geplagter Anleger. Viele Anleger

ziehen aus Aktien, Fonds, Anleihen und Sparbriefen Gelder ab. Zuflüsse gibt es fast nur

noch bei unverzinsten Bar- und Sichteinlagen. Bausparen scheint da der kleinste

gemeinsame Nenner zu sein.

3. Die Politik. Bausparverträge sind inzwischen der einfachste Ausweg für von Regulierung

und Vertriebsdruck geplagte Anlageberater.


Wie funktioniert ein Bausparer?

Bausparen stammt – man mag es kaum glauben – aus China, wo bereits 200 v.C. das kollektive Sparen in Form einer Spargesellschaft auf gemeinnütziger Gegenseitigkeit entwickelt wurde. Erst 1885 kam das Bausparen nach Deutschland und wurde zum Renner.


Der Bausparvertrag ist ein recht komplexes Kombinationsprodukt.

Der Bausparer erwirbt mit dem Bausparvertrag nach einer anfänglichen Spar- und Wartezeit einen zukünftigen Darlehensanspruch. Die Spar- und Darlehensrate als auch der Zinssatz für die Spar- und Darlehensphase stehen von Anfang an fest. Der Anleger verzichtet anfänglich auf eine gute Verzinsung seines Guthabens und erhält dann einen niedrigen Kreditzins. Sind Mindestguthaben, -vertragsdauer, - bewertungszahl und Mindestsparzeit erreicht, kann das Darlehen bei ausreichender Bonität und Besicherung ausgezahlt werden. Klingt einfach – oder?


Negative Renditen

Bei einem Bausparvertrag von 100.000 EUR Bausparsumme (BSS), 0,1% Guthaben und 1,25% Kreditzins und einer Anspardauer von 10 Jahren zahlt der Bausparer in einem Angebot eines Marktführers 48.000 EUR in den Vertrag. 400 EUR jeden Monat. Nach 10 Jahren hat er ein Guthaben von 47.229 EUR erreicht. 771 EUR weniger als eingezahlt. Wie das? 1% Abschlusskosten auf die BSS (also 1.000 EUR) fließen am Anfang an den Berater/Bank. Ein Negativzins auf das eigene Geld? Bei guten Direktbanken bekommen sie heute noch 1% oder mehr ohne Abschlusskosten.

Falscher Effektivzins

Rechnet man also die Abschlussprovision und die entgangenen Zinsen (hier 0,50% p.a. für Alternativanlage unterstellt) hinzu, sinkt der Guthabenszins von 0,10% auf minus 0,32% p.a. und der Effektivzins des Darlehens steigt von 1,25% auf über 2,90%. Sind die Provisionen noch höher, fallen Kontoführungsgebühren und Abgeltungssteuern an, oder steigen während der Ansparzeit sogar die Anlagezinsen für die Alternativanlage, sieht die Sache noch schlechter aus.

Kommen dann noch vermögenswirksame Leistungen, Arbeitnehmersparzulagen oder gar Riesterförderungen hinzu, wird der Vertrag so komplex, dass ihn kaum ein Kunde noch versteht.


So kann ein Banker ein Darlehen noch schöner rechnen

Ein Kunde benötigt ein Darlehen in Höhe von 100.000 EUR. Derzeit müsste er für ein Annuitätendarlehen bei ca. 70% Beleihungsauslauf und einer Laufzeit von 10 Jahren ca. 1,75% (eigener Marktvergleich) p.a. an Zinsen zahlen. Bei einer monatlichen Rate von ca. 812 EUR hätte der Kunde nach 10 Jahren noch eine Restschuld von ca. 12.700 EUR nachzufinanzieren. Doch der Banker weiß es besser. Die Rate könnte niedriger sein.


Er rechnet vor

Der Kunde nimmt ein Darlehen in Höhe von 100.000 EUR mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf, welches er jedoch nicht tilgt. Man nennt solche Darlehen Tilgungsaussetzungsdarlehen (TA-Darlehen) oder auch endfällige Darlehen. Da das Risiko für die Bank etwas höher ist, muss der Kunde dafür 1,91% an Zinsen p.a. zahlen (eigener Marktvergleich – gleicher Anbieter).

Als Tilgungsersatz zahlt der Kunde 400 EUR 10 Jahre lang in einen Bausparvertrag, der mit 0,10% verzinst wird (siehe obiges Beispiel). Nach 10 Jahren hat er 47.229 EUR nebst Zinsen angespart, die er für eine Soforttilgung des TA-Darlehens nutzt. Der Rest (52.771 EUR) wird durch den Bausparkredit (Kreditzins 1,25%) abgelöst, der innerhalb von 5 Jahren und 8 Monaten zurückgezahlt wird. Der Kunde zahlt also in den ersten 10 Jahren monatlich 559 EUR (ca. 159 EUR Zinsen für TA-Darlehen + 400 EUR BSV) und in den letzten 5 Jahren und 8 Monaten eine Kreditrate von 812 EUR für den Bausparkredit. Das hört sich doch gut an – oder? Der Kunde spart anfänglich 253 EUR pro Monat (3.036 EUR pro Jahr) gegenüber dem Annuitätendarlehen und kann nach 10 Jahren den Bausparvertrag jederzeit sondertilgen.


Ich rechne nach

Über eine Finanzplanung kann man finanzmathematisch die beiden Finanzierungsformen sehr gut miteinander vergleichen. Ich habe dabei unterstellt, dass der Kunde für beide Finanzierungsformen monatlich 812 EUR (also 9.744 EUR pro Jahr) zur Verfügung hat. Für die Restschuld des Annuitätendarlehens (ca. 12.700 EUR) habe ich eine Anschlussfinanzierung mit einem Zinssatz von 3,75% für die Restlaufzeit (16 Monate bei gleicher Rate) angenommen. Also einen Zinsanstieg von heute 1,75% für 10 Jahre auf 3,75% in 10 Jahren für unter 2 Jahre.



Die Grafik zeigt ganz deutlich die Unterschiede in den Zahlungsströmen. Das Annuitätendarlehen ist bereits nach ca. 11,5 Jahren, das Bausparmodell erst nach knapp 16 Jahren voll getilgt. Der Bausparkunde hat für sein Finanzierungsmodell über 11.000 EUR mehr aufwenden müssen als der Kunde mit dem Annuitätendarlehen.


Wichtiger Hinweis

Diese Berechnung ist nur ein fiktiver Musterfall, der jedoch in der Praxis in dieser oder ähnlicher Form recht häufig vorkommt. Je nachdem, wie hoch der Kreditzins tatsächlich ist und welcher Bauspartarif angeboten wird, können die Ergebnisse stark von diesem Beispiel abweichen. Kritiker können anbringen, dass der Bausparkunde die in der Anfangszeit verbleibenden Liquiditätsüberschüsse ansammeln und nach 10 Jahren für Sondertilgungen nutzen könnte. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die meisten Kunden, diese Liquiditätsüberschüsse für die Immobilie oder für persönliche Konsumausgaben verwenden, da hier im Gegensatz zur festen Kredittilgung kein Sparzwang besteht.


Zusammenfassung

Der Abschluss eines Bausparvertrages lohnt sich i.d.R. nicht bei einer unmittelbar geplanten Baufinanzierung – geschweige als Tilgungsersatz. Er verlängert nur die Kreditlaufzeit und macht die Finanzierung teurer.


Bausparverträge eignen sich derzeit für:

- Geringverdiener, die vom Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen erhalten, Anspruch auf Arbeitnehmersparzulage und Wohnungsbauprämie haben und das Darlehen bei Zuteilung nicht annehmen. Leidvolle Glück, dass genau die gefördert werden, die sich aufgrund Ihres Einkommens i.d.R. kein Wohneigentum leisten können.

- Gutverdiener, die sich in 5-10 Jahren Wohneigentum anschaffen und dafür Eigenkapital ansparen wollen und eine dezidierte Zinsmeinung haben. Doch Vorsicht! Wählen Sie die Bausparsumme nicht zu hoch. Die Kreditrate ist i.d.R. höher als die Sparrate und die Tilgungszeit kürzer als die Anspardauer.


Tipp

Eine Baufinanzierung ist einer der nachhaltigsten und teuersten Projekte im Leben eines Menschen. Umso mehr kommt es darauf an, diese Finanzierung auf ein gesundes Fundament zu stellen. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sind die Margen der Banken sehr gering. Deshalb versuchen sie häufig, durch Zusatzgeschäfte weitere Einnahmen zu generieren. Das Beispiel hat gezeigt, dass der Bank durch die Kombination von zwei Produkten ein Mehrertrag von 1.000 EUR, dem Kunden jedoch Schaden von über 11.000 EUR entstanden ist.


Und dabei sah doch am Anfang alles so gut aus.


Über eine Private Finanzplanung können Sie unterschiedliche Finanzierungsmodelle vergleichen und auf ihre Sinnhaftigkeit prüfen lassen. Sie können unterschiedlichste Szenarien, die das Leben so spielen kann, simulieren um zu sehen, ob die Finanzierung auch in schwierigen Zeiten tragfähig ist.

Eine professionelle Finanzplanung kostet Geld, doch eine schlechte Baufinanzierung oft ein Vermögen.

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