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AutorenbildAndreas Borsch

Wenn "einfach" einfach einfach sein sollte! Altersvorsorgeplanung & das Dilemma mit den Prognosen

Die Altersvorsorgeplanung gehört zu den größten Herausforderungen der heute und zukünftig arbeitstätigen Generation. Doch viele scheuen sich vor der Komplexität dieses Themas. Altersvorsorge gehört bei den Banken und Versicherungen zu den ertragreichsten Einnahmesäulen, denn mit Komplexität, Angst und Gier kann man immer noch gute Geschäfte machen. Unser Autor Andres Borsch versucht dieses Thema – nicht ohne eine gewisse Ironie – für Sie aufzuarbeiten.


(veröffentlicht auf cashkurs.com am 04.04.2024)



Kurze Einführung in die Theorie - Was ist Altersvorsorge


Die Definition des Bundesfinanzministeriums:


Der Begriff Altersvorsorge umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen, um nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben von angespartem Vermögen oder erworbenen Anwartschaften den weiteren Lebensunterhalt angemessen bestreiten zu können.“


Was ist die Gesamtheit aller Maßnahmen?


Wikipedia beschreibt das so: „Der Altersvorsorge dienen vornehmlich Leistungen aus der deutschen Rentenversicherung, der Beamtenversorgung, der betrieblichen Altersversorgung, der berufsständischen Versorgung, der privaten Lebens- und Rentenversorgung, weiterhin Kapitalerträgen aus Sachbesitz und der selbst bewohnten Immobilie.“


Nähern wir uns selbst dem Thema Altersvorsorge


Der die das Musterbürger*in wird in der Regel mittellos geboren, von Eltern liebevoll großgezogen, in der Schule gebildet, und in der Berufsausbildung bzw. im Studium auf den Einstieg ins Berufsleben vorbereitet. Hier verdient er Geld, welches für seinen auserkorenen Lebensstandard reicht und gar einen Überschuss zur Vermögensbildung zulässt.

Die im Erwerbsleben erworbenen Anwartschaften sowie die Verrentung all seiner bis dahin angesammelten Vermögenswerte reichen aus, um den bisherigen Lebensstandard oder einen Standard „X“ im Zeitraum Renteneintritt bis Tod zu halten. Diese Person verstirbt also mittellos, wie in der folgenden Grafik illustriert.

Das wäre aus meiner Sicht das gesellschafts- und volkswirtschaftliche Idealszenario, da es in diesem Modell zu keiner generationsübergreifenden Vermögenshortung kommen kann.


Jeder Bürger darf – wie auch immer – so viel Geld verdienen, wie er möchte. Kann er dieses zu Lebzeiten nicht ausgeben, beginnt jedoch die Vermögenshortung. Exzessiv betrieben, führt das zur Ansammlung riesiger Vermögen, die der Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden.


Aber!


Wir alle wissen, dass es neben dieser Idealperson (zu) viele andere Fälle gibt, bei denen keinerlei Überschüsse für eine Altersvorsorge – egal welcher Form – existieren. Es gibt jedoch auch Personen, bei denen eine berufliche Tätigkeit nie notwendig war, ist und sein wird, um den Lebensstandard zu halten, weil hier Geld noch nie eine Rolle spielte.


Widmen wir uns also den Personen zu, die dauerhaft monatliche Überschüsse erwirtschaften, die den Aufbau einer Altersvorsorge – egal in welcher Form – zulassen.


Zieldefinition


Jetzt kommen wir zur schwierigsten Aufgabe einer Altersvorsorgeplanung. Entgegen dem Motto „Wer kein Ziel hat, dem ist der Weg egal“ entschließen wir uns, ein Altersvorsorgeziel zu definieren. Dazu müssen wir fünf Fragen beantworten.


  • Wie lange lebe ich?

    Das müssen, können, dürfen Sie selbst festlegen. Ein Hilfsmittel könnte hier die statistische Sterbetabelle sein.

  • Ab wann beginnt für mich der Ruhestand?

    Auch das können Sie selbst bestimmen. Die Regelaltersgrenze liegt aktuell zwar bei 67 Jahren. Doch die ist für Sie ja nicht zwingend.

  • Welches Renteneinkommen benötige ich?

    Jetzt wird es heikel. Nehme ich mein jetziges Nettogehalt abzüglich bisheriger Sparleistungen? Brauche ich mehr (w/Pflegebedürftigkeit) oder weniger (w/mangelnder Mobilität und Unternehmungslust)? Sie haben die Wahl!

  • Welche Anwartschaften besitze ich?

    Diese Information finden Sie in der jährlichen Renteninformation bzw. Versicherungsmitteilungen.

  • Wie hoch ist mein Vermögen zum Rentenbeginn?

    Das liegt an Ihnen - Je nachdem, ob und wie viel Sie monatlich auf die hohe Kante gelegt und wie erfolgreich Sie es investiert haben.


Wenn Sie diese Fragen alle richtig beantworten, ließe sich ein Betrag ermitteln, der monatlich notwendig ist, um die gegebenenfalls vorhandene Lücke zwischen Wunsch-Rente und Ist-Rente zu decken.


Es ist mir peinlich. Doch da wäre noch etwa zu klären…


Kennen Sie Ihre Einkommensentwicklung bis zum Rentenbeginn? Nein? Ärgerlich! Dann kennen Sie ja auch nicht Ihren zukünftigen Lebensstandard.


Sie kennen zwar die Höhe Ihrer jetzigen Rentenanwartschaften. Doch können Sie auch die zukünftigen Rentenanpassungen der Deutschen Rentenversicherung Bund vorhersehen und damit die Höhe Ihrer tatsächlichen Rente?


Welche Kaufkraft wird Ihre Rente haben? Wie hoch ist die Inflation/Preissteigerung in den Jahren bis zur Rente und danach? Hier eine Statistik. Suchen Sie sich einen Wert aus.


Kleiner Tipp: Der Durchschnitt lag in diesem Zeitraum bei etwa zwei Prozent.


Welche Erträge werden Sie in den nächsten Jahren mit Ihren Altersvorsorgebeiträgen erzielen? Wie entwickelt sich das Steuerrecht? Wenn die Staatskasse sich leert, finden sich immer Wege, sie zu füllen.


Ich habe Sie verwirrt? Sie sind überfordert?

Sie können nicht 20 oder 30 Jahre vorausplanen?


Ziel erreicht! Der Banker und Versicherungsvertreter werden Ihnen helfen, Ihre Ziele zu definieren und die notwendigen Annahmen für Sie tätigen. Alles auf der Grundlage solider Statistiken und Prognosen.


Ich bin Besitzer einer großartigen Softwarelösung, die all die oben genannten Vorgaben, Annahmen und Prognosen erfassen und darauf aufbauend eine für Sie finanzmathematisch perfekte Lösung errechnet. Vorausgesetzt, Ihre heutigen Annahmen und Prognosen erweisen sich in der Zukunft als richtig!


Ein wenig an der einen oder anderen Stellschraube (Erwartung, Prognose, Annahme) gedreht und ich rechne Sie arm oder reich. So reduziert sich die Kaufkraft von 1.000 EUR bei einer Inflation von einem Prozent p.a. in 30 Jahren auf 742 EUR, bei zwei Prozent auf 552 EUR. Andersherum ausgedrückt, benötigen Sie in 30 Jahren 1.347 EUR bzw. 1.811 EUR, um die gleiche Kaufkraft wie heute zu besitzen.


Mathematik kann so schön sein!


Um monatlich eine Summe von 1.811 EUR zu erhalten, müsste ein Anleger (heute 37 Jahre alt) die nächsten 30 Jahre mtl. 566 EUR zu drei Prozent Rendite anlegen, um sich dann mit 67 Jahren 20 Jahre lang diese Zusatzrente auszahlen lassen zu können.


Bei einer Rendite von fünf Prozent p.a. wären es nur 340 EUR pro Monat. Wenn ich dann jedoch die heutige Abgeltungssteuer berücksichtige, werden aus mtl. 340 EUR schon wieder 476 EUR zu zahlender Sparrate.


Ach ne… Sie haben super Gene geerbt und werden nicht 87 sondern mindestens 95 Jahre alt? Wie schade für Sie! Dann erhöht sich Ihr Sparbeitrag gleich einmal auf 588 EUR pro Monat. Sie sind auch noch ein konservativer Anleger und rechnen mit nur drei Prozent Rendite pro Jahr? Dann wird es teuer für Sie. Ganze 895 EUR sind jetzt monatlich zu berappen.


Sorry! Ich hatte die Inflation vergessen. Die gibt es ja auch nach Ihrem Rentenbeginn. Tut mir echt leid! Dann müssen Sie 1.151 EUR pro Monat aufwenden. Zu viel?Die Hälfte – also rund 575 EUR pro Monat wären OK? Dann setzten wir einfach eine Renditeerwartung von drei Prozent auf 6,2 % hoch. Ist Ihnen das so genehm?


Oder Sie werden doch nur 87 Jahre alt. Dann reichen 830 EUR pro Monat bei drei Prozent oder 565 EUR, wenn die Rendite doch fünf Prozent p.a. betragen sollte. Oder, oder, oder…


Wie gesagt. Mathematik macht Spaß!


Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass ich bis jetzt nur mit Renditen vor Produktkosten gerechnet habe? Nein? Ok – Schwamm drüber!


Es ist halt nicht so einfach, wenn man eine Entscheidung treffen soll, deren Findung auf Hypothesen beruhen und deren Prognosen auf Mutmaßungen basieren. Und Hoffnung. Hoffnung darf auch nicht fehlen!


Ach ja – Das mit der Förderung


Sie möchten steuerlich optimieren? Eine versicherungsförmige Lösung macht es möglich. Das kostet aber noch ein paar Euro extra. So einen Versicherungsmantel gibt es ja nicht umsonst!


Jetzt auch noch eine arbeitgeberfinanzierte Lösung? Dann hoffe ich nur, dass Sie bis zum Renteneintritt nicht all zu oft die Firma wechseln. Denn der neue Arbeitgeber muss Ihren bestehenden Vertrag nicht übernehmen. Dann haben Sie als Rentner eine gute Beschäftigung, Ihre Versorgungsansprüche zusammenzusuchen. Aber das soll geistig fit halten.


Kleinvieh macht doch auch Mist, mögen einige entgegenhalten.

Da gibt es noch die Stückkosten. Kennen Sie nicht? Stückkosten sind Kosten, die unabhängig von der Beitrags- oder Versicherungssumme berechnet werden. Bei niedrigen Beiträgen oder kleinen Verträgen schlagen diese dann überdurchschnittlich ertragsmindernd zu Buche.


Sparen – koste was es wolle


Wissen Sie, dass Sie bei einer Gehaltsumwandlung Steuern und Sozialabgaben sparen?


Ja? Dann kommt mein „Aber!“


Wissen Sie auch, dass dadurch auch Ihre gesetzliche Rente kleiner ausfällt? Da man die bAV-Beiträge aus seinem Bruttolohn abgibt, zahlt man automatisch weniger in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Also: Je mehr man in die bAV-einzahlt, desto weniger fließt in die gesetzliche Rente. Ein Punkt, der bei einer Beratung gerne vergessen wird.


Und das mit der Besteuerung im Alter und den Krankenkassenbeiträgen…. Ach, lassen wir das!


Altersvorsorge könnte so einfach sein,wenn die Politik Ihre Hausaufgaben machen würden. Nicht nur Unternehmen benötigen für ihren Erfolg Planungssicherheit. Auch der Bürger benötigt verlässliche Rahmenbedingungen.

Wie kann man sich aber nun dem wichtigen Thema Altersvorsorge nähern, ohne die ganzen Annahmen und Prognosen tätigen zu müssen?


Wir bleiben bei den 1.000 EUR, die wir gerne mit 67 als Zusatzrente erhalten wollen. Wir wissen, dass wir (also der die das Musterbürger*in) 37 Jahre alt sind und mit 67 Jahren in Rente gehen möchten. Die Statistik (Sterbetafel) sagt, dass wir ca. 80 Jahre alt werden. Da die Großeltern schon über 80 sind, sich einer guten Gesundheit erfreuen und wir auch einen gesunden Lebensstil führen, rechnen wir mit einem Sicherheitsaufschlag und legen fest, dass wir 87 Jahre alt werden.


Wir haben also 3 Rechengrößen. Die Zeit bis Rente = 30 Jahre, Rentenbezugszeit = 20 Jahre und die Höhe der Wunschrente = 1.000 EUR.


Wir rechnen


Notwendiger Kapitalstock = 1.000 EUR x 12 Monate x 20 Jahre = 240.000 EUR


Notwendige Sparleistung = 240.000 EUR / 30 Jahre / 12 Monate = 666 EUR


Jetzt muss ich „nur noch“ entscheiden, welcher Anlageform/Anlagestrategie ich eine Rendite nach Kosten zutraue, die höher als die zukünftige Inflation sein wird. Glaube ich daran, dass meine Anlagestrategie eine Überrendite von einem Prozent pro Jahr erzielt, reduziert sich mein notwendiger Sparbeitrag auf 519 EUR, bei zwei Prozent auf 403 EUR usw.


Den Part Steuern können Sie meines Erachtens vernachlässigen, da mögliche Steuervorteile nie die Entscheidungsgrundlage für eine Vermögensanlage sein sollten. Wir wissen heute nicht, ob die Abgeltungssteuer bleibt, angepasst oder wieder die Kapitalertragsteuer eingeführt wird, welche Steuerregelungen geändert, neu beschlossen oder gar gekippt werden.


Da heute die Lebensläufe der meisten Bürger nicht mehr so linear sind wie zu Zeiten unserer Großeltern, sollten auch die gewählten Anlageformen ein hohes Maß an Flexibilität – sowohl in der Beitrags- als auch in der Entnahmephase - haben.


Diversifikation ist ein Muss. Vermeiden Sie jedoch eine zu hohe Kleinteiligkeit. Weniger ist dann doch wieder mehr. Je nach den finanziellen Möglichkeiten kann auch Wohneigentum als Altersvorsorge gelten, wenn dieses zum Rentenbeginn liquidierbar ist.


„Was heißt das für mich konkret!?“

Wir wissen nur zum Teil was ist, jedoch kaum was kommen wird. Für einen Großteil der Leser dürfte deshalb diese stark vereinfachte Herangehensweise zielführend sein, denn Sie können hier fast alle Annahmen und Prognosen vernachlässigen. Mit jeder neuen Annahme oder Prognose verkomplizieren Sie die Vorgehensweise und Lösungsfindung.


Die Renten bleiben sicher?! Kann sein. Wir wissen nur nicht wie hoch diese letztendlich ausfallen wird… Also müssen wir privat vorsorgen, wenn wir im Alter ein Leben nach unseren Vorstellungen leben möchten! „Je früher desto besser“, lautet die Devise. Vermögen entstehen zuerst durch Verzicht und dann erst durch Renditen. Das heißt, dass wir unseren heutigen Lebensstandard nicht ausreizen sollten, damit wir die morgigen Lücken schließen können.


Drum spare heute, dann hast Du morgen!


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