(veröffentlicht auf cashkurs.com am 21.09.2018)
Im ersten Teil dieser Reihe hat sich CK*Autor Andreas Borsch mit den Vor- und Nachteilen von ETFs im Vergleich mit aktiv gemanagten Fonds beschäftigt. Im zweiten Teil soll es um den Vergleich zwischen der physischen oder per SWAP getätigten Nachbildung von Indizes gehen. Denn hier scheiden sich die Geister…
Transparenz ist seit einigen Jahren das Schlagwort, wenn es um Politik, Steuern, Bildung und Lebensmitteln geht. Aber auch im Finanzdienstleistungsbereich wird dieses zusehends vom Kunden erwartet und teils nur widerwillig von der Branche umgesetzt. Aber es tut sich was. Bei Lebensmitteln müssen die Inhaltsstoffe angegeben werden. Für Finanzprodukten gibt es standardisierte Beipackzettel. Sie haben eines gemeinsam. Sie sind zu umfangreich, werden nur selten gelesen und teilweise kaum verstanden.
Es verwundert da kaum, dass ETFs seit ca. 2004 medial als „die Innovation“ in der Investmentbranche gefeiert werden. Der erste Indexfonds kam aber schon 1971 in den USA für institutionelle Investoren auf den Markt. Erst ca. 20 Jahre später wurde der erste ETF in den USA aufgelegt. Weitere sieben Jahre später (2000) in Europa.
ETF – die Definition
Exchange Traded Funds sind Investmentfonds (Sondervermögen), die einen Aktien-, Renten-, Rohstoff- bzw. Geldmarktindex abbilden und wie Aktien an der Börse ohne Ausgabeaufschlag gehandelt werden können. Man kann also ganze Märkte mit nur einem Anlageprodukt kostengünstig kaufen.
Wie wird der Index abgebildet?
Physische Replikation Bei der physischen Nachbildung, auch als direkte Replikation oder vollständige Replikation bezeichnet, bildet der ETF den Index durch den direkten Kauf der jeweiligen Indextitel nach. Ein DAX-ETF bspw. investiert in die 30 Unternehmen des DAX und gewichtet diese genauso wie im deutschen Leitindex.
Sampling Bei der Sampling-Methode werden unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien z. B. nur die wichtigsten oder liquidesten Titel gekauft, die in der Regel den größten Einfluss auf die Index-Performance haben. Auf einen DAX-ETF bezogen würde das bedeuten, dass nicht alle 30 Dax-Titel, sondern nur ein (repräsentativer) Teil gekauft wird. So könnte es z.B. sein, dass nicht alle drei Autowerte aus dem DAX, sondern nur ein Titel mit einer höheren Gewichtung gekauft wird, der die Branche am besten repräsentiert.
Synthetische Replikation (SWAP-ETF) Bei dieser Replikationsmethode erfolgt die Index-Nachbildung über ein Tauschgeschäft (Total-Return-Swap). Dabei schließt der ETF einen Vertrag mit einem Finanzinstitut ab, das sich dazu verpflichtet, dem ETF im Tausch gegen eine Gebühr die Indexrendite zu „liefern“.
Was heißt das?
Der ETF-Anbieter füllt den Fonds (Basisportfolio) mit beliebigen Aktien und/oder Anleihen, die mit dem abzubildenden Index nichts zu tun haben müssen. Dann sucht er sich einen oder mehrere Partner (Banken), mit dem/denen er die Wertentwicklungen des Basisportfolios gegen die Wertentwicklung des dem ETF zugrundeliegenden Index tauscht.
Quelle Comstage
Dass es hierbei prinzipiell zu Interessenskonflikten zwischen dem ETF-Anbieter und dem SWAP-Kontrahenten kommen kann, dürfte auf der Hand liegen. Der SWAP-Partner hat ja ein berechtigtes Interesse daran, dass sich das eingekaufte Basisportfolio besser entwickelt als der Index, dessen Wertentwicklung er zahlen muss.
Aktiv gemanagte Fonds haben dieses Grundsatzproblem nicht direkt, da sie diese Art von Geschäften nicht machen. Derivate werden hier in der Regel nur zu Absicherungszwecken abgeschlossen. Ihr größter Kontrahent ist der Markt.
Transparenz für den Anleger sieht anders aus
In der Regel weiß der Anleger nie, welche Wertpapiere sich in dem Sondervermögen eines SWAP-ETF befinden. Auch der Rechenschafts- bzw. Halbjahresbericht ist dabei nur bedingt eine Hilfe, da stichtagbezogen. Die ETF-Anbieter behalten sich vor, bis zu 100% der sich im Sondervermögen befindlichen Wertepapiere an andere Banken auszuleihen. Sie begründen es damit, dass sie mit diesen Geschäften die Kosten für den Anleger reduzieren können.
Tipp
Je geringer die Verwaltungskosten des ETF (bei vergleichbarer Benchmark), desto höher ist der Umfang der Wertpapierleihegeschäfte. Genauere Daten finden sich im Verkaufsprospekt.
Wertpapierleihe ist bekanntlich ein Geschäft, welches nicht erst von ETF-Anbietern erfunden wurde. Auch aktiv gemanagte Fonds nutzen diese Möglichkeit, um zusätzliche Erträge zu generieren. Der mögliche Umfang bei den ETF erschreckt mich jedoch.
Es gibt Hoffnung
Dass Anleger lieber in Fonds investieren, die auf Wertpapierleihgeschäfte verzichten, scheint sich bei den ETF-Anbietern herumzusprechen. So reduzieren viele Gesellschaften diese Transaktionen oder verzichten gleich ganz darauf. Manchmal aber auch nur, weil der ETF vom Volumen her zu klein für diese Geschäfte ist.
Wenn die Tageszeitung Anlageempfehlungen ausspricht
„Monat für Monat zum Vermögen“. So lautete die Headline des Artikels im hiesigen Tagesblatt. Hier wurde von einem „Fachjournalisten“ die Funktionsweise und Vorzüge von ETFs für den Vermögensaufbau erklärt und darauf hingewiesen, dass die Verbraucherzentralen dafür den MSCI World Index empfehlen. Schließlich beinhaltet dieser über 1.500 Aktien aus 23 Ländern. Soweit so gut…
Dass in diesem Index der amerikanische Markt mit über 50% überdurchschnittlich stark und andere interessante Industrieländer – allen voran Schwellenländer - unterdurchschnittlich gewichtet sind, wird hier nicht näher beschrieben. In den letzten Jahren war das kein Problem. Im Gegenteil. Der amerikanische Markt hat den Index bis heute gut getragen und ihm somit eine gute Performance geliefert. Meines Erachtens hätte man das jedoch in einem seriösen Ratgeberartikel für Kleinanleger erwähnen müssen.
Spannend wurde es in einem ETF-Gebührenvergleich. Hier wurden der Comstage MSCI World ETF mit dem iShare MSCI ACWI ETF (der vom Journalisten fälschlicherweise iShare MSCI World ACWI ETF bezeichnet wurde) verglichen. Also zwei ETFs, die sich sowohl im Index als auch in der Replikationsmethode unterscheiden. Es wurden also nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern Obst mit Gemüse verglichen.
Als kostenseitig nicht empfehlenswert wurde der iShare MSCI ACWI hervorgehoben, da er mit 0,6% eine dreimal so hohe Kostenquote wie der ETF von Comstage besitzt. Dass dieser iShare mit 2.477 Aktien aus 23 Industrie- und 23 Schwellenländern wesentlich breiter aufgestellt und den Index physisch und nicht über einen SWAP wie der Comstage abbildet, wurde hingegen nicht erwähnt.
Bei einer Nachfrage beim Redakteur wurde mir gesagt, dass dieser Unterschied für den Anleger unerheblich sei und er sich an die Empfehlung der Verbraucherzentrale gehalten habe. Nun denn… Die nächste Bankenkrise wird es zeigen.
Fazit
Manche halten mich für einen Korinthenkacker. Ich betrachte das als konsequente Haltung.
Ich rühre mir den Fruchtjoghurt lieber selbst an oder kaufe mir einen, bei dem ich weiß, dass der Geschmack vom Fruchtanteil und nicht von beigefügten künstlichen Aromastoffen stammt. Ich möchte das essen was draufsteht. Das nenne ich Transparenz.
Aus dieser Grundhaltung heraus bevorzuge ich in meiner Beratung physisch replizierende ETFs oder aktiv gemanagte Fonds – auch wenn diese ein paar Punkte mehr an Kosten verursachen.
SWAP-basierte ETFs sind kein Teufelszeug. Dennoch lehne ich all die Finanzprodukte ab, bei denen der Ertrag vorrangig aus derivaten Geschäften stammt. Dazu gehören sowohl SWAP-ETFs als auch jegliche Art von Zertifikaten und Hedgefonds. Das Leben und die Märkte sind volatil genug. Das muss nicht noch gehebelt werden.
Einzige Ausnahme – Optionen oder Optionsscheine, die von der Art und vom Umfang her ausschließlich einen konkreten Vermögenswert vor Kursverlusten absichern.
Ergebnis:
Swap-ETF gegen aktive Fonds - 0:1 Physisch repl. ETF gegen aktive Fonds – 1:1
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