(veröffentlicht auf cashkurs.com am 09.08.2017)
Im heutigen Teil seiner Einsteiger-Serie "Finanz-1x1" stellt Andreas Borsch die Möglichkeiten der Geldanlage in Anleihen oder Anleihefonds vor und zeigt die jeweiligen Chancen und Risiken auf.
Wem die von den Banken angebotenen Zinsen auf Spareinlagen nicht reichen, kann sein Geld direkt als Kredit an Staaten, Unternehmen oder auch Banken vergeben.
Das geschieht über Anleihen, die der Anleger am Anleihemarkt (Börse) kauft. Je nach Bonität und Laufzeit der Anleihe können die Renditen unterschiedlich hoch sein. Der Anleger trägt dafür das Risiko, dass der Schuldner seinen Zins- und Tilgungsleistungen nicht vollumfänglich nachkommt.
Bei Anleihen ist nicht der gezahlte Zins wichtig, sondern die Rendite. Sie ist der einzige Vergleichsmaßstab bei Anleihen und setzt sich aus Nominalzins plus/minus Kursgewinn/-verlust zusammen. Hinzu kommen noch die Kosten und Gebühren der Bank, die die Rendite schmälern.
Anleihen werden an den Börsen gehandelt und unterliegen während der Laufzeit somit Kursschwankungen. Steigt der allgemeine Marktzins oder verschlechtert sich die Bonität des Emittenten, fällt der Anleihekurs und umgekehrt. Je länger die Restlaufzeit der Anleihe ist, desto stärker wirken sich diese Änderungen auf den Kurs der Anleihe aus. Erst zur Fälligkeit hat der Anleger einen Rückzahlungsanspruch von 100% des Anleihenennwertes.
Ein vereinfachtes Beispiel
Ein Anleger investiert heute 10.000 EUR in eine Anleihe (Zinskupon 2%, Laufzeit 5 Jahre, Kaufkurs 100%). Der Anleger erhält also 5 Jahre lang 2% Zinsen auf den Nennwert (10.000 EUR) und danach den Nennwert zu 100% zurück. Die Rendite entspricht hier genau dem Zinssatz.
Steigt der Marktzins für 5-jährige Anleihen (über Nacht) von 2% auf 3%, würde kein Anleger mehr diese Anleihe kaufen, da er ja nur 2% statt nunmehr 3% Rendite erhält. Der Zinssatz der Anleihe ist jedoch fest. Deshalb gleicht der Markt diesen Nachteil aus. Da Anleger nun 5% (1% x 5 Jahre) mehr Zinsen gekommen müssten, fällt der Kurs der Anleihe um ca. diesen Wert auf etwa 95%.
Der Anleger, der diese Anleihe vorfristig verkaufen will, erleidet 5% Kursverlust. Der Anleger jedoch, der sie erwirbt, investiert jetzt nur noch 9.500 EUR für 10.000 EUR Nennwert, erhält darauf 5 Jahre lang 2% Zinsen und zusätzlich die gesparten 5% als Kursgewinn zur Fälligkeit. Nach 5 Jahren hat er insgesamt 15% Ertrag (5x2% Zinsen +5% Kursgewinn) – also eine jährliche Rendite von 3% pro Jahr - erzielt. Je länger die Restlaufzeit ist, desto größer ist dieser Kursänderungseffekt.
Tipp
Die letzten 10 Jahre waren geprägt von fallenden Zinsen. Langlaufende Anleihen haben dadurch sehr hohe Kurszuwächse erhalten. Wer also zukünftig von Zinssteigerungen ausgeht, sollte eher Anleihen mit kurzen Laufzeiten kaufen, um die Kursrisiken während der Laufzeit gering zu halten und auf die Zinssteigerungen reagieren zu können.
Entwicklung Renditen 10-jährige deutsche Staatsanleihen
Quelle: EZB
Alternative - Rentenfonds (ETF)
Eine Alternative zu Anleihen können Anleihefonds (Rentenfonds) sein. Sie unterscheiden sich nach Emittent (Staaten, Unternehmen, Regionen), nach Laufzeiten und nach Währungen. Der Vorteil gegenüber Einzelanleihen ist die große Streuung. Der größte Nachteil jedoch sind die vergleichsweise hohen Kosten der klassischen Rentenfonds. So kommen neben dem Ausgabeaufschlag noch Verwaltungskosten hinzu.
Hier empfiehlt es sich, auf kostengünstige ETF (Exchange-Traded-Fund) zu setzen, die einen bestimmten Rentenmarktindex abbilden. Da sie jedoch keine Provisionen abwerfen, werden Sie von den meisten Banken nicht aktiv angeboten. Fragen lohnt sich also.
Achtung!
Derzeit ist kaum ein Marktsegment so von Spekulationen geprägt wie der Anleihemarkt. Das viele billige Geld, Spekulationen gegen Volkswirtschaften und Währungen sowie wirtschaftspolitische Interessen führen schon seit Jahren zu massiven Verwerfungen an den Anleihemärkten. Deutschland ist bisher der größte Profiteur dieser Entwicklung Die Zinsen für 10-jährige deutsche Staatsanleihen liegen derzeit bei 0,5%. Ob das eine faire Verzinsung ist, mag die Zukunft zeigen.
Ausländische Staatsanleihen oder auch einige Unternehmensanleihen erscheinen derzeit noch interessant. Doch bedenken Sie: Keiner zahlt freiwillig höhere Zinsen. Höhere Zinsen (Rendite) bedeutet stets eine schlechtere Bonität. Deshalb werden Sie misstrauisch, wenn Ihnen Anlagen mit Renditeversprechungen weit über Marktzins angeboten werden!
Eine eigene Zinsmeinung - gepaart mit geringen Kosten - sind notwendig, um heute noch angemessene Renditen erzielen zu können. Im Vergleich können klassische Bankenanlagen mit Laufzeiten bis zu 3 Jahren derzeit trotz niedriger Zinsen eine echte Alternative sein.
Comments